Amberger-Kunstkombinat
Amberger-Kunstkombinat

Zinnober-Aktionen

Coaching
Über die Effektivität eines Coachings gibt es so viele Erhebungen, wie es Methoden gibt – selbst wenn hin und wieder ein ganzes Genre, wie etwa das „neurolinguistische Programmieren“, als wirkungsloser Zinnober  entlarvt wird. Zwar beklagen Forscher auf der Suche nach validen Aussagen den schwer zu fassenden Placebo-Effekt. Aber ein Placebo-Effekt ist am Ende auch – ein Effekt. Wer das Gefühl hat, ihm werde geholfen, dem hilft dieses Gefühl. Aber wobei? Und woher kommt das offensichtlich immer weiter um sich greifende Generalgefühl, uns müsste permanent geholfen werden?
 
Rio Grande
... Nach unserer anderthalbstündigen Tour legt sich die kühlende Dämmerung über die Prärie. Wir ziehen die Boote aus dem Wasser und fahren weiter nach Terlingua, einer nahe gelegenen Ortschaft vor dem benachbarten Big Bend National Park.
Ende des 19. Jahrhunderts war Terlingua ein Zentrum des Bergbaus: In der kargen Steinwüste wurde das Quecksilbererz Zinnober gewonnen. Aus dieser Zeit sind allerdings nur noch Ruinen, Schutt und Geröll übrig geblieben: Nachdem die Minen geschlossen wurden, verwandelte sich Terlingua zu einer Geisterstadt. Seit den 60er-Jahren aber haben Hippies und Aussteiger die Gegend neu besiedelt. Die meisten Bewohner leben heute vom Tourismus, arbeiten als Riverguides, betreiben kleine Hotels oder Galerien.
 
Die Heirat zweier Spatzen (Indien)
… Die Familie der „Braut“ seien bei dem Fest zwei der Dorflehrer gewesen. Der „Bräutigam“ sei mit 200 Menschen und elf Pferden aus dem Nachbardorf gekommen. Zu Trommeln habe die Festgesellschaft getanzt und gesungen. Wie es sich für eine richtige Hindu-Heirat gehört, seien die beiden Vögel sieben Mal um das heilige Feuer gegangen, und „Gauriya“ habe etwas Zinnober auf die Stirn bekommen. Dann erhielten die Hochzeitsgäste grüne Erbsen, Reis, Beeren und andere Früchte. 
 
Über die Pyrenäen
... „Weit unten, von wo wir gekommen waren, sah man wieder das tiefblaue Mittelmeer“, schrieb Lisa Fittko in ihren Erinnerungen. „Auf der anderen Seite, vor uns, fielen schroffe Klippen ab auf eine Glasplatte aus durchsichtigem Türkis - ein zweites Meer? Ja, natürlich, das war die spanische Küste. Hinter uns, im Norden, im Halbkreis, Kataloniens Roussillon mit der Côte Vermeille, der Zinnober-Küste, einer herbstlichen Erde mit unzähligen gelb-roten Tönen … Ich schnappte nach Luft. Solche Schönheit hatte ich noch nie gesehen.“

"Wortszinnober": Ruhig laut plappern

"Was für ein Geplapper! Aber lassen sie uns ruhig darüber reden." Mit diesen Worten beendet Michaela Peter ihr Panoptikum der Wortakrobatik und eröffnet in der Buchhandlung Mayr am Schrannenplatz die Ausstellung "Wortszinnober".

 

Mit ihren Kolleginnen Heike Lepke, Marion Mack und der Gastkünstlerin Cornelia Effner aus Nürnberg hat das Kunstkombinat zum ersten Mal diese Räume mit Arbeiten gefüllt. Wobei diese "Wunderkammer", wie sie von den Beteiligten genannt wird, zuvor schon viel fürs Auge zu bieten hat.

Marion Mack erzählt, wie die Umgebung zu ihren Motiven wurde und sie ihre Linolschnitte "Rosi" nach Inhaberin Rosemarie Mayr benannt und gleich dort gedruckt hat. Entgegen ihrer sonstigen Werke - vorwiegend in Glas - sind es grafische, scharf konturierte Bilder, die die Fantasie des Betrachters erwecken. 

 

Das Edeldruckverfahren (Cyanotypie), das dem Künstler einiges an chemischen Grundwissen abverlangt, und die Fähigkeit, zunächst ein Negativ zu gestalten, sind die Kunstform von Heike Lepke. Da thematisch Worte im Vordergrund stehen, hat sie unter anderem als Papiergrundlage die Seiten eines Gedichtbandes in ihrer außergewöhnlichen Technik zu einem raumgreifenden Gesamtkunstwerk werden lassen. Ihre Arbeiten in diesem speziellen Blauton geben viele Details erst auf den zweiten Blick frei.

 

Ähnlich ergeht es dem Betrachter mit den Collagen von Michaela Peter, die sowohl abstrakt, als auch figürlich faszinieren. In der Farbgestaltung von pastellig, über knallig bis hin zu harten Kontrasten ist alles vertreten. Immer wieder sind es Buchstaben und Wortspiele, die bei der Vernissage Zinnober verursachen. Schön schräg passt dazu die Säge von Cornelia Effner, die sie zu ihren witzig-absurden Texten singen lässt. Ihre kleinformatigen Aquarelle quetschen sich charmant an eine Wand der Nebenzimmer und zaubern ein Lächeln ins Gesicht. "Sie entstehen wechselseitig, wollen einfach auf die Welt", erklärt die Malerin. Während der regulären Öffnungszeiten der Buchhandlung können die Verkaufsstücke bis Samstag, 29. Juni, besichtigt und erworben werden. Gekennzeichnet sind sie mit kleinen, weißen Schildern, damit sie im Raum der Kuriositäten ins Auge springen.

 

veröffentlicht im Onetz, 15.05.2019, Link

 

Kunstkombinat präsentiert sich in ungewöhnlicher Umgebung

Das Ringtheater für zwei Tage wiederbelebt

 

Amberg. Ein "Mords"-Zinnober war es für die Veranstalterinnen Heike Lepke, Marion Mack und Michaela Peter, die in Amberg auch als Kunstkombinat firmieren, aber schon. Denn sie hatten jede Menge Arbeit mit der Vorbereitung zu diesem Multi-Kunst-Event in den Räumen des ehemaligen Kinos in der Altstadt.

Nicht allein das künstlerische Schaffen beschäftigte die drei Initiatorinnen schon lange, bevor die Ausstellung die Türen im alten Filmpalast öffneten. Sondern es gehörten neben dem Schöpfungsakt für viele interessante Kunstwerke auch ein gut Teil Organisationsarbeit dazu, diese vielfältige Werkschau zu organisieren. Dabei half ihnen tatkräftig der Besitzer des ehemaligen Kinematografen, Andreas Wörz, der zum Gelingen mit zwei Gratis-Vorführungen beitrug. Da mussten alte Plakate abgehängt werden, um Platz für die Gegenwartskunst zu schaffen, Schnittchen geschmiert, Kuchen gebacken und Kühlschränke bestückt werden, damit das kunstsinnige Publikum bewirtet werden konnte.

 

Das ist Cyanografie

 

Aber nicht nur zum Essen und Trinken waren zahlreiche Amberger gekommen, sondern auch, um die aktuellen Werken der Kombinat-Damen zu betrachten und darüber zu diskutieren. Dabei konnten sie einiges über außergewöhnliche Arbeitsweisen erfahren. Heike Lepke hat sich ganz der Cyanografie verschrieben. Einer Technik, bei der ähnlich wie bei der Fotografie zunächst ein Negativ auf weißem Pergamentpapier gezeichnet wird, das dann mit Hilfe von Chemikalien in blauer Farbe auf das eigentliche Bildmaterial "belichtet" wird. "Ich verstehe meine Arbeiten als Momentaufnahmen, die mehrfach gegensätzlich gegenübergestellt werden, im Schwarz-Weiß des gemalten Negativs zum Licht, im Objekt zum Leben", bringt es die Künstlerin mit wenigen Worten auf den Punkt. Diese verschiedenen Versionen der Werke lassen dem Betrachter die Möglichkeit, zu wählen, in welchem Stadium der Bearbeitung ihm das Ergebnis am besten gefällt.

Marion Mack hat neben einigen ihrer "normalen" Glasarbeiten auch drei Werke beigesteuert, die durch ihren Produktionsprozess und ihre Präsentation herausragten. Sie hat auf winzigen, etwa zwei mal zwei Zentimeter großen Glasrohlingen extrem miniaturisierte Gravuren geschaffen, die nur über einen Projektor oder eine spezielle Vergrößerungslupe betrachtet werden konnten.

Abgerundet wurde die Ausstellung durch die Arbeiten von Michaela Peter. Sie sagt über ihre Collagen: "Ich verstehe sie als Wahrnehmungs- und Prozessberichte. Ich nehme etwas aus meiner Umwelt in mir auf, spiele damit, codiere und formiere es neu, löse ab, werte um, deute an. Dabei bleibt auch immer ein Teil, der sich auch für mich nicht in einem endgültig hermeneutischen Sinn erschließt." Es bleibt dem Betrachter überlassen, sich Gedanken über diesen endgültigen Sinn zu machen. Und wenn er oder sie dabei zu keinem Ergebnis kommt - macht nichts, die Künstlerin sucht auch immer noch nach der letztgültigen Deutung.

 

Rundum-Kunstgenuss

 

Zum Rundum-Kunstgenuss gehört natürlich auch etwas für die Ohren. Am ersten Tag lieferte DJ Tom Scheimer die passende Musik. Seine Tanzhits aus dem vergangenen halben Jahrhundert lockte die Musikfreunde auf die Tanzfläche, die damit einen schönen und interessanten Kulturtag ausklingen ließen. Die Musik war dann allerdings weniger zum Tanzen geeignet, sondern forderte zum intensiven Hinhören heraus.

Heike Lepke und Heike Herzog lieferten als "Zitrone 17" sphärische Glasmusik, die für eine kurze Zeit die Zuhörer in ihren Bann zog. Und am Ende waren sich alle einig: So ein Event muss einfach wiederholt werden. Aber das haben die Kunstkombinat-Mitglieder für nächstes Jahr schon eingeplant.

 

veröfftentlich im Onetz, 10.04.2018  - link